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Warum „Agilität“ einen „Bottom-up-down-Ansatz“ benötigt – So geht man vor!

Aktualisiert: 10. Feb. 2021

Der Autor ist selber seit vielen Jahren im Beratungsumfeld tätig - über 10 Jahre als Projekt- und Bereichsleiter in der Organisationsentwicklung eines global agierenden Automotive Technologiekonzerns - seit 2016 als freiberuflicher Organisations- und Managementberater sowie Executive Coach. 

In diesem Beitrag wird die Notwendigkeit eines „Bottom-up-down“ skizziert. Im Folgebeitrag wird ein Referenzprojekt beschrieben.


 


Über alle Branchen, Funktionen und Ebenen hinweg kann dabei immer wieder ein ähnliches Verhalten beobachtet werden: zunächst wird mit viel Energie und Aktionismus nach vorne getrieben, Pilotprojekte und -teams aus dem Boden gestampft, teure Berater eingekauft, die fachlich gute Kon-zepte entwickeln, Bereiche umorganisiert, neue Technologien eingeführt und vieles mehr, ohne dass man dabei wirklich nach links und rechts schaut, was/wer vielleicht noch davon betroffen sein könnte. Nach ein paar Jahren ist dann meist die Ernüchterung groß, wenn man feststellt, dass sich kaum etwas wirklich verändert hat. 

Warum Initiativen oft scheitern

Meist sind es keine Einzelpersonen, an denen man dieses Phänomen festmachen kann.

Vielmehr ist es ein typisches Verhalten des Gesamtsystems ‚Unternehmen‘, das oft wie ein Organismus neutralisierend auf „Störungen“ reagiert. Dahinter steckt ein kompliziertes Zusammenspiel aus Einzelinteressen, erlerntem Verhalten, unpassender Governance, sowie häufig auch fehlender Strategie und zu wenig Mut der Verantwortlichen.

Eine Wirtschaftsplanung auf 3 Vorschaujahre traut sich heute kaum mehr jemand zu. Genauso wenig wie die Aussage, ob das heutige Geschäftsmodell in 5 Jahren noch trägt oder neue Wettbewerber die eigene Position angreifen. Dringend benötigte Talente lockt man kaum mehr mit Printanzeigen, und ein Management, das immer noch alle Entscheidungen selber fällen will, ohne einen Teil der Befugnisse an kompetente Ebenen abzutreten, wird irgendwann zum Flaschenhals und damit zur Bremse der Unternehmensentwicklung.

Die 3 Ebenen der Agilität

Es ist wichtig zu verstehen, dass Agilität wesentlich mehr bedeutet als nur die Einführung von SCRUM, LeSS oder anderen vergleichbaren Methodiken. Agilität hat drei Ebenen, die aufeinander aufbauen:


SCRUM als bekanntestes Element von Agilem Arbeiten ist bereits deutlich mehr als nur eine einfache Methodik: es ist ein Rahmenwerk, aufgebaut auf bestimmten Werten und Prinzipien, definierten Rollen, Verantwortlichkeiten und Vorgehensweisen, die eng miteinander verzahnt sind. 

In der Praxis werden häufig nur einzelne Werkzeuge oder Methoden aus dem Agilen Framework ausgewählt, wie z.B. Daily Standup-Meetings oder die KanBan-ähnlichen Task Boards. Oft sind es die Elemente, deren unmittelbarer Nutzen sich leicht erschließt und die schnell wirksam werden. Man wird zwar damit sichtbare Fortschritte, wie eine deutlich verbesserte Transparenz in der Zusammenarbeit, erzielen. Allerdings muss man sich bewusst sein, dass man das volle Potenzial agilen Arbeitens und Führens damit nicht heben wird, da die sich gegenseitig unterstützenden Effekte aller agilen Elemente entfallen.

Warum Strategie elementar ist

Es hat sich in der Praxis bewährt, das Thema “Agilität” mit einem Bottom-Up-Down-Vorgehen anzugehen. In der ersten frühen Phase liegen meist nur wenige Erfahrungen im Unternehmen vor. Es gilt, die Wissensbasis zu verbreitern und vor allem zu lernen. Nicht alles passt überall, nicht überall ist agiles Arbeiten hilfreich. Je konkreter die Überlegungen sind, desto schneller wird die Belegschaft auf den Zug aufspringen und durch erste echte Erfolge motiviert werden. 

Wir bezeichnen diese erste Phase als Pilotierung. Sie ist gekennzeichnet von Bottom-Up gerichtetem Lernen und Ausprobieren anhand konkreter Anwendungsfälle. Je operativer und repräsentativer diese Fälle sind, desto besser. Das Management hat in dieser Phase vor allem eine beobachtende und Orientierung gebende Rolle. 

Laufen die Piloten gut mit Ergebnissen, die Mut machen für mehr, dann wird es früher oder später notwendig, das bisherige Bottom-up Vorgehen mit einer strategischen Top-Down Komponente zu ergänzen. Das ist nötig, um die nächsten Schritte richtig priorisieren zu können und vor allem die aus der Bottom-Up Phase entstandenen Erkenntnisse zielgerichtet und nachhaltig zu verwerten.


Die Praxis zeigt, dass die Verzahnung des Bottom-up- mit dem Top-Down Ansatz für viele Unternehmen eine große Herausforderung darstellt, denn sie lässt sich ohne eine ausformulierte, in die Zukunft gerichtete Geschäfts-strategie kaum bewerkstelligen. Immer wieder überraschend ist dabei, dass viele Unternehmen gar keine Strategie haben, bzw. etwas als Strategie bezeichnen, was eher ein Fortschreiben der Vergangenheit als eine zielge-richtete Positionierung für die Zukunft darstellt.

Bei jeder grundlegenden Änderung sollte vorher klar sein


Ohne Strategie können diese Fragen nicht wirklich beantwortet werden. Auch vor dem Hintergrund der so wichtigen Kommunikation während des Veränderungsprozesses ist es unabdingbar, dass diese “Story” für alle Betroffenen nachvollziehbar und in sich schlüssig ist. 

Nachhaltige Veränderung nach der Pilotphase braucht strategische Kernaussagen. Eine “agile Probierphase” ist sehr gut geeignet, eben diese Strategiediskussion im Unternehmen anzuregen. Gute Beispiele dafür gibt es genügend. 

Im nächsten Beitrag werde ich darauf eingehen, wie man eine (agile) Pilotphase geschickt ganzheitlich aufsetzen kann, welche strategischen Fragestellungen dort auftauchen und wie Unternehmen damit umgehen. 

Der Folgebeitrag ist Teil der Beschreibung eines unserer Referenzprojekte.

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